Lautlose Jäger der Nacht - Fledermäuse

Die besten Kenntnisse über diese faszinierende Artengruppe im Bereich von Edertal verdanken wir dem Forschungsbericht "Fledermäuse im Nationalpark Kellerwald-Edersee" (2008) von Markus Dietz und Olaf Simon.


Nach aktuellem Stand haben die Fledermaus-Forscher 19 Arten im Nationalpark nachgewiesen. In Hessen leben 22 Fledermausarten. Der Nationalpark Kellerwald-Edersee weist somit einen sehr großen Anteil des landesweiten Artenbestands auf! Seit der Publikation von Dietz und Simon sind folgende Arten hinzugekommen: Mops-, Nymphen- und Mückenfledermaus sowie Graues Langohr.

 

Aus dem Forschungsbericht seien vier Besonderheiten der Fledermaus-Fauna im Nationalpark hervorgehoben:

Vom Großen Mausohr als größter mitteleuropäischer Fledermausart sind außerhalb des Nationalparks drei Wochenstubenkolonien bekannt, in Züschen, Bad Wildungen und Vöhl. Bezogen auf den Edertaler Nationalpark-Bereich konnten durch besenderte Weibchen Jagdflüge aus den Kolonien im Dachboden der Zehntscheune von Züschen und im Dachstuhl eines Hauses der Wildunger Altstadt nachgewiesen werden. Von der größten Kolonie in Züschen mit über 500 Weibchen legen die Tiere bis in den Nationalpark Entfernungen von 10 bis 18 km zurück. Dort jagen sie bevorzugt in hallenartigen Buchenwäldern, wo sie aufgrund geringer Bodenvegetation Laufkäfer und andere Insekten erbeuten können. Das Große Mausohr ist somit ein besonders interessantes Beispiel für die funktionalen Beziehungen vieler Tierarten zwischen dem Nationalpark und seinem Umfeld.

 

Großes Mausohr - im Nationalpark jagen - außerhalb Junge gebären (Foto: Marko König)
Großes Mausohr - im Nationalpark jagen - außerhalb Junge gebären (Foto: Marko König)

 

Eine solche funktionale Beziehung existiert auch bei der Großen Bartfledermaus. Sie hat eine Wochenstubenkolonie in einer mit Schiefer verkleideten Hausfassade in Gellershausen. Die Tiere jagen entlang des Ederseeufers zwischen der Banfebucht und Bringhausen, in Luftlinie 6 km entfernt von der Kolonie. Die Flugstrecke führt über die Felder am Kirmesköppel bei Gellershausen in den Nationalpark, über den Berg Locheiche durch  das Keßbachtal. Die Täler im Nationalpark werden auch von anderen Fledermausarten gern als Leitlinien genutzt.
 
Die Kleine Bartfledermaus hat ihr Jagdrevier im Nationalpark. Eine Wochenstubenkolonie dieser Art befindet sich auf dem Dachboden der Kirche von Anraff., etwa 4 km östlich der Nationalparkgrenze.

 

Ein ideales Winterquartier bietet den Fledermäusen der alte Bergwerksstollen im Bleiberg, denn er ist frostfrei und besitzt eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das Mundloch des Stollen war Anfang des 20. Jahrhunderts verschüttet. 1982 wurde der einzige begehbarer Stollen im jetzigen Nationalpark für den Fledermausschutz von Hartmut Mai und Ekkehard Rogee wieder geöffnet. Dies erfolgte durch Handarbeit mit Unterstützung durch einen Kleinbagger. Anschließend wurde der Stolleneingang mit Eichenstempeln und Vergitterung gesichert. Die Nationalparkverwaltung leistete später eine dauerhafte, technisch aufwändige Sicherung des Stollens. Sieben Arten verbringen im  Bleiberg-Stollen ihren Winterschlaf: Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Wasserfledermaus, Bartfledermaus, Fransenfledermaus. Langohrfledermaus und nur mit einem Exemplar die Teichfledermaus, Großes Mausohr und Fransenfledermaus sind am häufigsten vertreten. Mittels einer Lichtschranke am Stolleneingang konnte ein viel größere Zahl an Fledermäusen gezählt werden als zunächst vermutet: 2007/08 waren es mindestens 593 Exemplare!

Unterhalb des Rabensteins bei Affoldern und im Eschgraben bei Mehlen-Lieschensruh kontrolliert die NABU-AG Fledermausschutz seit 1995 alljährlich den Fledermausbestand in den dortigen Winterquartieren. In dem Felsenkeller bei Affoldern überwintern nach Mitteilung von Frank Seumer (Frankenberg) Bartfledermaus, Fransenfledermaus und Braunes Langohr. 2019 wurde hier auch eine Breitflügelfledermaus festgestellt.
In dem von der NAJU freigelegten Stollen im Eschgraben stellte er folgende Arten fest: Bartfledermaus, Fransenfledermaus, Braunes Langohr und in 2008 sogar ein Großes Mausohr.

 

Wasserfledermaus - jagt über Stausee von Affoldern und Kiesbaggerteichen (Foto: Marko König)
Wasserfledermaus - jagt über Stausee von Affoldern und Kiesbaggerteichen (Foto: Marko König)

Naturverbundene Menschen, die an ihrem Haus ein Fledermausquartier erhalten oder neu schaffen, werden vom NABU mit einer Urkunde und einem Buchgeschenk ausgezeichnet. Dazu gibt es auch die Edelstahlplakette "Fledermausfreundliches Haus".


In Edertal wurden bisher acht Häuser ausgezeichnet; der Ort mit den meisten Häusern ist Wellen mit vier, zwei in Hemfurth und je ein Haus in Bringhausen und Giflitz. Bei allen Häusern ging es um Zwergfledermäuse, denen Unterschlupf geboten wird. Eine besonders schöne Aktion war die Auszeichnung des Kindergartens in Hemfurth.

Wolfgang Lübcke