Artenschutz: Hotels für Mehlschwalben

Schwalbenhäuser in Edertal

Wenn die Mehlschwalben im Frühjahr aus ihrem afrikanischen Winterquartier zurückkehren, haben sie es oft schwer, denn es herrscht vielerorts Mangel an geeigneten Nistplätzen und in Trockenjahren fehlt der nötige feuchte Lehm als Baumaterial für ihre Nester, die sie unter Hausdächern errichten. Zum Glück gibt es viele Menschen, die sich über die Ansiedlung dieser emsigen Fliegenfänger freuen und sie sogar durch Anbringen von Kunstnestern unterstützen. An manchen Häusern lassen sich aber auch Abwehrmaßnahmen feststellen, weil man keine Verschmutzungen dulden will, gegen die aber Kotbretter schützen könnten. Bisweilen werden sogar gesetzeswidrig Nester entfernt. Häuser, die den gefiederten Mitbewohnern eine Heimstätte bieten, sind der beste Schwalbenschutz!

 

Mehlschwalbe an Kunstnest, links: Naturnest (Foto: Wolfgang Lübcke)
Mehlschwalbe an Kunstnest, links: Naturnest (Foto: Wolfgang Lübcke)

In vielen Dörfern gibt es aber auch Initiativen zur Aufstellung von Schwalbenhäusern. Diese müssen allerdings an geeigneten Standorten errichtet werden, wozu der NABU Beratung anbietet. Am günstigsten sind windberuhigte Standorte im Innenbereich von Ortschaften, wo in der Nachbarschaft bereits Schwalben brüten, so dass umherfliegende Schwalben auf die neue Nistmöglichkeit aufmerksam werden. Nachdem die jungen Schwalben ausgeflogen sind, suchen sie oft in der Nähe ihres Geburtsnestes andere Nester auf und prägen sich so künftige Brutplätze ein. Wenn sie ein neu aufgestelltes Schwalbenhaus entdecken und vielleicht darin übernachten, bestehen gute Chancen, dass sie dort im nächsten Frühjahr ihre eigenen Jungen aufziehen.


Im gesamten Kreis Waldeck-Frankenberg gibt inzwischen über 60 Schwalbenhäuser, zum Beispiel initiiert von Ortsbeiräten, NABU-Gruppen, Rentnertreffs und auch einer Reihe von Privatpersonen. Der Edertaler Schwalbenexperte Walter Meier (Affoldern) führt ein kreisweites Register aller Schwalbenhäuser.


In Edertal gibt es inzwischen zehn Schwalbenhäuser: Anraff, Affoldern, Böhne, Bringhausen, Kleinern, Edertaler Schulzentrum, Bergheim, Wellen, Hemfurth und Edersee. Zwei davon wurden von Privatleuten mit Unterstützung des NABU errichtet. Neun Schwalbenhäuser sind von Mehlschwalben bereits angenommen. Von dem erst 2020 aufgestellten Schwalbenhaus in Bringhausen, existiert aus der Brutsaison 2021 ein Video, das einen Schwalbenschwarm zeigt, der die Niststätte umkreist. So besteht die Hoffnung, dass auch dieses Schwalbenhaus demnächst von den Vögeln angenommen wird.


Die Nester an Schwalbenhäusern müssen zwar nicht wie Meisennistkästen alljährlich gereinigt werden, aber von Zeit zu Zeit ist das sinnvoll, weil es vorkommt, dass sich in den Nestern tote Schwalben befinden und deshalb die Nester nicht zum Brüten genutzt werden können.


Außerdem liefern die Reinigungen Informationen zur Besetzung der Nester. Auch stehen manchmal Reparaturen an. Im Rahmen von ganztägigen Aktionen hat der NABU Edertal mit Hilfe eines angemieteten Hubsteigers die Schwalbenhäuser im Gemeindegebiet gereinigt. Dabei wurden in ein einigen Kunstnestern sogar Zwergfledermäuse festgestellt.

 

Schwalbenhaus in Hemfurth (Foto: Wolfgang Lübcke)
Schwalbenhaus in Hemfurth (Foto: Wolfgang Lübcke)

Musterbeispiel: Schwalbenhaus von Josef Strasser


Am Wohnhaus des kürzlich verstorbenen Naturfreunds Josef Strasser in Affoldern gab es bis zum Jahr 1998 mit 15 bis16 Nestern die größte Mehlschwalben-Kolonie im Dorf. Bedingt durch eine Fassadenrenovierung mussten 1999 die alten Nester entfernt werden. Ein Ersatz durch Kunstnester kam leider wegen der besonderen Bauweise des Hauses nicht in Frage.

 

So entschloss sich der handwerklich begabte Strasser zum Bau eines Schwalbenhauses in seinem großen Garten in Nähe des Dorfgemeinschaftshauses, eines der ersten in Waldeck-Frankenberg. Nur wenige Wochen nach seiner Aufstellung im Jahr 2005 war es bereits besiedelt. Inzwischen bietet es alljährlich einer Spitzenzahl von bis zu maximal 76 Schwalbenpärchen Nistplätze. Deren reges Treiben zur Brutzeit kann gut von der Straße aus beobachtet werden. Eine Tafel informiert über die Brutbelegung.

Wolfgang Lübcke